Mit dem Heimat-Gefühl ist das so eine Sache. Es ist oftmals nicht sehr populär von Heimatverbundenheit zu sprechen. Eher wird der Begriff gern und leider häufig zurecht abgetan als veraltet und rückwärtsgewandt.
Kein Wunder, denn das gestrige Bild von Heimat, das sich seit jeher samstag abends zur Primetime im ÖRR präsentiert ist seit meiner Kindheit ein und dasselbe:
Immer sorglos fröhlich in Trachten gekleidete Männer und Frauen singen über eine liebestolle, in rosa Glitzergeschenkpapier eingepackte, wattierte heile Welt, in der das größte Problem darin zu bestehen scheint, den Einsatz beim Playback nicht zu verpassen.
Während sich ein euphorisiertes Publikum, dauergrinsende Moderatoren und jauchzende Volksmusikanten selig in den schunkelnden Armen liegen, wünscht sich der rational denkende Rezipient spätestens beim Anblick von Volksmusikanten-Rockern in vermeintlich heißen Lederhosn, er habe sich erstens nicht verzappt und das Team hinter den Kulissen würde zweitens auch ihm eine Handvoll des weißen Glücksschnees unter das Näschen halten, damit sich der (volks-)heimatliche Rausch auf Wolke 7 besser ertragen lässt.
Und trotzdem: Nach über zwei spannenden, aufregenden und intensiven Monaten im hohen Norden wachte ich morgens auf und verspürte ein leichtes aber nicht zu leugnendes Sehnsuchtspochern:
Heimwehattacke! Mamas perfekter Sonntagsbraten, meine beste Freundin, das Dortmunder U, die frische Landluft, das bunte Treiben in der Ruhrstadt, der Bäcker des Vertrauens mit den allerbesten Franzbrötchen (!!!) der Welt, die Südtribüne des Fussballvereins mit der echten Liebe – all das fehlte mir ganz fürchterlich.
Ich, die unbedingt mutig und forsch neue Ufer erkunden und weg aus der altbekannten immer gleichen Umgebung wollte, kämpfte mit so etwas Schnödem wie Heimatverbundenheit.
Gegen akutes Heimweh hilft nur eins: Bettnachbar einpacken, Auto mieten und die A1 runter düsen für ein ausgiebiges Wochenende mit Familie, Freunden und – wer könnte es mir verübeln – mit heißem Shoppingfieber beim Lieblingslabel.
Was bleibt nach drei Tagen Heimaterleben pur!? Erstens: Vorfreude auf die Rückkehr nach Hamburg, denn schon als ich Samstag Mittags in der altbekannten Schwüle mitten in der Dortmunder Innenstadt schwitzte, wünschte ich mir ein klein wenig den typisch nordischen Wind zurück.
Was bleibt noch?! Zweitens: Die Erkenntnis, dass so ein Attribut wie Heimatverbundenheit zwar oftmals kitschig, angestaubt und altbacken wirkt, aber egal, wie sehr man sich dagegen wehrt:
Es holt einen wieder ein und man sollte dem Gefühl vielleicht ab und an nachgeben. Facebook, WhatsApp, stundenlange Telefonate – nichts ersetzt das echte Wiedersehen, wenn man vor der Tür seiner Eltern steht und fröhlich „Hello again“ ruft.
Ein Vorteil zudem: Kommt man zu Besuch, freuen sich alle riesig. Volle Kühlschränke, extra Qualitätszeit, freudige Überraschungen (ich träume jetzt noch von den Käsegrillern :-)) und gute Laune sind das Resultat.
Lernfaktor: So eine volle, emotionale und liebestolle Portion Herz-Schmerz-Heimat-hier-bin-ich-lass-uns-schunkeln kann durchaus positiv besetzt sein – ich jedenfalls bin rundum glückselig zurück in Hamburg gelandet -was nicht zuletzt an meinen neuen Lieblingsschuhen liegt.