Bis zum letzten Schluck

Aaaarrrrggghhhhh! Heute ist es mal wieder soweit. Umtrunk bei der Arbeit.
Ich finde mich pünktlich um 17 Uhr in der Kaffeeecke ein, um mit vier Kollegen auf ihre Beförderung anzustoßen. Außer den Gastgebern ist noch niemand da. Ich bekomme ein Glas Sekt in die Hand gedrückt, wir stoßen an, ich gratuliere. Und dann stehen wir da. Vier Software-Entwickler und eine Übersetzerin.
Auf den Tischen um uns schweigen Lachs und Sahnemeerrettich, Käse, Baguette, Oliven, ein Kirschkäse- und ein Rhabarberkuchen. Fürst von Metternich schaut spöttisch zu uns rüber. In einer idealen Welt ergäbe sich nun ein leicht fließendes Gespräch aus der Situation heraus, doch meine Gegenüber schauen betreten auf den Boden. Okay Jungs, denke ich mir, dann nehme ich das also wieder in die Hand. Ich schalte auf Smalltalk-Modus (seit Antreten meines Jobs in dieser Firma vor 9 Jahren habe ich meine Smalltalkfähigkeiten feingeschliffen wie einen Diamanten!) und spreche die Kollegen auf das geschmackvolle Holzbrett an, das vielleicht etwas lieblos, aber für die Umstände dennoch recht nett mit Käse belegt wurde. Ich erfahre, dass es ein REWE-Treuepunktgeschenk war. Und schon ist das nächste Thema da: die REWE-Sammelbilder. Weitere Kollegen treffen ein, es bilden sich Grüppchen. In diesem Fall ist es eine Kunst, in die richtige Gruppe zu geraten. Und, sich an kleine Details der jeweiligen Kollegen zu erinnern. In Jahren ohne WM und Olympia fällt das Thema Sport schon mal weg, und auch das Championsleague-Finale wurde bereits hinreichend versmalltalkt. In diesem Fall hilft z.B. das Ansprechen eines aktuellen Themas (das Hochwasser, der verregnete Frühling, ein All-hands-Meeting, eine royale Hochzeit, ein Filmfestival).
Ich entscheide mich für das Hochwasser, wir vergleichen unsere Wohnlagen, streifen den öffentlichen Nahverkehr, sprechen doch etwas über Sport, kommen auf die Bundeswehr (aufpassen, Stephie!) und mein unauffälliger Blick auf die Uhr zeigt, dass die Zeit heute mal wieder besonders langsam vergeht. Doch so leicht will ich es ihnen nicht machen. Ich bleibe. Der Sekt fließt, ich beginne zu kichern. Laut Einladung geht das ganze hier bis 20 Uhr! Die ersten Kollegen sitzen am Tisch und sprechen über die Arbeit. Nach dem zweiten Glas Sekt spreche ich wagemutig den Chief Program Owner auf ein aktuelles Softwareproblem an, vollziehe danach einen eleganten Schlenker und bringe das Gespräch auf einen Kunden. Und siehe da – der Mann ist ganz nett. Plötzlich fragt er nach meiner Tochter, ein stets willkommenes Thema. Wir knabbern Oliven und sprechen dabei über Betreuungsmöglichkeiten von Kleinkindern. Ich genieße es, einmal nicht das Gespräch leiten zu müssen und auf einmal ist zwar nicht 8, aber doch spät genug, um einen würdevollen Abgang hinzulegen. Satt und zufrieden fahre ich in den Feierabend. Auch heute habe ich sie wieder gebändigt!

Einladung zum Sekt

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